Das „Bauchhirn“ ist die umgangssprachliche Beschreibung für ein Geflecht aus Nerven in der Bauch- und Darmregion. Es ist Teil des über den sogenannten Vagusnerv mit dem Gehirn verbundenen enterischen Nervensystems (ENS). Das enterische Nervensystem wiederum ist Teil des peripheren Nervensystems (außerhalb des Schädels und des Wirbelkanals) und abgegrenzt zum zentralen Nervensystem (Kopfgehirn und Rückenmark).

Das enterische Nervensystem durchzieht, von der Speiseröhre bis zum Enddarm, nahezu den gesamten Verdauungsapparat. Zusammen mit dem Immunsystem – etwa 70 Prozent der Immunzellen befinden sich im Darm – gilt es als das wichtigste Informationssystem des Körpers.

Mit der Erforschung unseres „Bauchhirns“ befasst sich die Neurogastroenterologie. Dieser Zweig der Wissenschaft ist noch jung und wird uns zukünftig sicher noch viele Erkenntnisse über unser „zweites Gehirn“ liefern.

Die Aufgabe des Bauchhirns

Die Nervenzellen des Bauchhirns treffen selbstständig alle für den Darm wichtigen Entscheidungen. Das Bauchhirn regelt also die Darmmotorik und die Verdauung. Es analysiert die Nährstoffzusammensetzung und koordiniert, was aufgenommen und was ausgeschieden wird.

Ein ganz einfaches Beispiel für die Funktion des Bauchhirns: Man hat ein verdorbenes Lebensmittel gegessen. Das Bauchhirn meldet ans Kopfhirn, dass Gifte im Körper sind, die hier nicht hingehören. Das Kopfhirn wiederum schickt dem enterischen Nervensystem Signale zum Auslösen motorischer Reflexe, die Erbrechen auslösen.

Auf welchem Weg kommt die Information vom Darm zum Gehirn?

Das Gehirn wird über den Vagusnerv zur Situation im Darm, in anderen Organen des Bauchraumes und über den Zustand des Immunsystems informiert. Der Vagusnerv ist eine Verbindung von Nervensträngen, die aus dem Bauchraum bis zur Großhirnrinde und somit dem limbischen System, unserem Emotionszentrum, reicht.

Mindestens 80 Prozent der Nervenfasern des Vagusnervs verlaufen vom Bauchraum zum Gehirn. Nur wenige Nervenfasern verlaufen in die entgegengesetzte Richtung und senden Informationen vom Gehirn an den Darm.

Wie werden Informationen transportiert?

Das enterische Nervensystem umfasst mehr als 100 Millionen Nervenzellen und ist damit sogar besser ausgestattet als das Rückenmark. Die Zelltypen und Rezeptoren des Magen-Darm-Traktes sind mit denen des Gehirns identisch. Sie kommunizieren miteinander über dieselben Botenstoffe, zum Beispiel Serotonin und Dopamin.

Serotonin und Dopamin werden umgangssprachlich auch als Glückshormone bezeichnet. 95 Prozent des im menschlichen Körper produzierten Botenstoffs Serotonin stammen aus dem Magen-Darm-Trakt. Ein hoher Serotoninspiegel lässt die Stimmung steigen und vertreibt Aggressionen, Angst und schlechte Laune. Es wird als wahrscheinlich angesehen, dass das im Bauchraum produzierte Serotonin seine Wirkung auch im Gehirn entfaltet.

Informationen von Bakterien

Bei der Verdauung helfen dem Darm etwa zwei Kilogramm nützliche Bakterien, die sich aus bis zu 1000 verschiedenen Arten zusammensetzen. Mikroorganismen, ihre Zusammensetzung und ihre Stoffwechselprodukte können über die Verbindung vom Darm zum Gehirn auch Einfluss auf Vorgänge im Gehirn nehmen. Ihre Stoffwechselprodukte können zudem über das Blut zum Gehirn gelangen.

Es mehren sich Erkenntnisse dazu, dass Fehlbesiedlungen im Darm auch die Ursache für neurologische Beschwerden oder Beschwerden an Organen sein können, die keine unmittelbare Verbindung zum Verdauungssystem haben.

Fazit: Das Bauchhirn pflegen

Eine abwechslungsreiche Ernährung mit einer Fülle von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, hochwertigen Eiweißen und die maßvolle Zufuhr von Kohlenhydraten scheint die beste Pflege für unser Bauchhirn zu sein. Insbesondere die Verwendung von nicht verarbeiteten Lebensmitteln entlastet den Darm und gibt unserem Bauchhirn die Information „hier ist nichts Schädliches im Umlauf“. Entsprechend positiv entwickelt sich die Darmflora, deren Informationen und Stoffwechselprodukte das Kopfhirn nicht negativ beeinflussen. Der Spruch „Du bist was du isst“ fasst den Einfluss der Ernährung auf körperliches und seelisches Wohlbefinden zusammen.

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